Was ist gute Architekturfotografie?

Was ist gute Architekturfotografie?

Was gute Architekturfotografie ausmacht, ist gar nicht so leicht in Worte zu fassen. Natürlich gibt es gewisse Methoden und Bildstile, die man „in der Regel“ oft wieder findet. Wie so oft in visuellen Berufen, ist die Herangehensweise jedoch vom Objekt und der angestrebten Betrachtungsweise abhängig. Zwei Architekturfotografen können ein Objekt völlig unterschiedlich abbilden und trotzdem jeweils hervorragende Architekturfotografien erstellen. Was wichtig ist, um gute Architekturfotografie zu erstellen, schauen wir uns in diesem Beitrag an.

Inhaltsübersicht

Gute Architekturfotografie hat 2 wichtige Aufgaben:

1. Die Architektur und Ihre Eigenschaften wie Form, Farbe, Dimension und Strukturen korrekt darzustellen
2. Dem Bildbetrachter die Emotionen und Funktionalitäten des Gebäudes zu vermitteln

Im Grunde kann man sagen, dass gute Architekturfotografie es schafft, die komplexen Emotionen und Informationen eines Bauwerkes in einem zweidimensionalen Foto zu transportieren.

Architekturfotografie dreht sich im Kern darum, das Design und die Ästhetik von Gebäuden festzuhalten. Das Ziel ist nicht nur, das Gebäude zu dokumentieren, sondern es auf möglichst visuell ansprechende und bedeutungsvolle Art darzustellen.

Abgesehen davon zielt gute Architekturfotografie immer darauf ab, Gebäude und Architektur erlebbar zu machen. Sprich, auch der Betrachter eines Bildes sollte bereits verstehen, wie das Gebäude funktioniert, was es ausmacht und welche Emotionen es transportier, ohne jemals vor Ort gewesen zu sein.

Um dies zu erreichen arbeiten gute Architekturfotografen mit Komposition, Beleuchtung, Perspektive und Kontext. Gute Architekturfotografie verleiht Gebäuden und anderen von Menschen geschaffenen Strukturen Leben, indem sie ihren Charakter, ihre Funktion und ihre Beziehung zu ihrer Umgebung widerspiegelt.

Schlüsselelemente guter Architekturfotografie

Komposition

Die Komposition ist die Anordnung der Elemente innerhalb eines Fotos. Ein gut komponiertes Architekturfoto ist ausgewogen und lenkt die Aufmerksamkeit des Betrachters auf die richtigen Elemente. Bzw. auf die Elemente, die dem Auftraggeber wichtig sind. Dies kann bedeuten, sich auf Symmetrie, führende Linien, Muster oder den Kontrast zwischen Formen und Figuren zu konzentrieren. Es ist die Aufgabe des Architekturfotografen zu entscheiden, was aufgenommen wird oder nicht und den Blick durch das Bild zu lenken.

2. Beleuchtung und der richtige Aufnahmezeitpunkt

Die Beleuchtung kann die Wahrnehmung eines Architekturfotos maßgeblich beeinflussen. Ob es nun das goldene Glühen eines Sonnenuntergangs oder die harten Kontraste des Mittagslichts sind, die Art und Weise, wie eine Struktur beleuchtet wird, kann ihre Stimmung, Textur und Tiefe verändern.

Ein guter Architekturfotograf weiß, zu welcher Uhrzeit er welche Lichtstimmung bekommt, um die architektonischen Merkmale heraus zu arbeiten, die ihm wichtig sind. Gute Architekturfotografie beschränkt sich hierbei nicht nur auf besonders schöne Fotos, sondern schreckt auch nicht davor zurück mit harten Kontrasten oder besonders flachem Licht zu arbeiten, wenn es dem Gesamtkonzept der Darstellung zuträglich ist.

Perspektive und Winkel

Auch wenn es Kollegen gibt, die alles nur aus der Zentralperspektive fotografieren, so ist Architekturfotografie doch mehr als nur eine frontale, flache Aufnahme eines Gebäudes. Gute Architekturfotografen arbeiten ganz dezent mit verschiedenen Perspektiven, um die einzigartigen Eigenschaften eines Gebäudes darzustellen.

Das könnte bedeuten, aus einem niedrigen Winkel zu fotografieren, um die Höhe zu betonen, oder aus einem hohen Aussichtspunkt, um die Größe eines Gebäudes im Verhältnis zu seiner Umgebung einzufangen.

Das Ziel bei der Perspektivwahl sollte immer eine „nicht gezwungene Perspektive“ sein. Der Betrachter sollte also nicht auf den ersten Blick die Perspektive oder den Winkel wahrnehmen, sondern den Fokus weiterhin auf dem Objekt behalten.

Neben der klassischen 1-Punkt Perspektive, bzw. Zentralperspektive arbeiten gute Architekturfotografen weiterhin mit einer überzeugenden 2-Punkt Perspektive. Dies bedeutet, dass der Aufnahmewinkel zum Objekt nicht nur um ein paar Grad seitlich versetzt wird, sondern man die Perspektive schon merklich um rund 45 Grad verändert, um alle Gebäudeachsen Maßstrabsgetreu abbilden zu können.

Kontext

Kontext ist alles. Vorallem Anfänger machen gerne den Fehler „nur das wichtigste“ in den Bildausschnitt zu nehmen. Dadurch geht jedoch oft die richtige Gewichtung verloren und das abgebildete Element lässt sich von Standpunkt, Größe und Dimension nicht mehr richtig einordnen.

Obwohl es wichtig ist, sich auch auf Strukturen zu konzentrieren, berücksichtigt gute Architekturfotografie auch ihren Kontext. Dies schließt ihre Umgebung, ihren Zweck und ihre Interaktion mit Menschen ein. Architektur im Kontext zu zeigen, hilft, eine vollständigere Geschichte über das Gebäude zu erzählen und kann das Foto ansprechender und bedeutungsvoller machen.

Gute Architekturfotografen schaffen es durch einen guten Kontext vor allem auch den kulturellen Hintergrund z.B. eines gewissen Standortes darzustellen und die Architektur somit in den richtigen Kontext zu rücken.

Bildbearbeitung in der Architekturfotografie

Es gibt immernoch diese romantische Vorstellung, dass ein gutes Foto keine Bildbearbeitung benötigt. Das mag zwar für analoge Fotografie gegolten haben, ist für digitale Fotografie und vorallem für professionelle Fotografie nicht mehr aktuell!

Denn:
Gute Architekturfototgrafen fotografieren im Rohdatenformat. Das heißt, die Bildinformationen müssen zunächst interpretiert werden, bevor ein wirkliches Bild entsteht. So funktioniert übrigens jede digitale Kamera. Der Sensor nimmt pure Licht- und Farbinformationen auf, welche interpretiert werden müssen. In Smartphones macht das mittlerweile ein Algorithmus, der die Farben und Kontraste an das jeweilige Motiv anpasst.
Ein guter Architekturfotograf macht das von Hand in Adobe Photoshop oder Lightroom.

Warum ich so weit aushole?
Weil bereits diese Interpretation der Lichtinformationen eine gewisse Art „Bearbeitung“ ist. Jeder Architekturfotograf entwickelt seine Bilder in einem gewissen Stil. Wärmer, kälter, mehr oder weniger Zeichnung in den Tiefen und Spitzen oder eine gewisse Balance in den Farbtönen.

Dazu kommt, dass Architekturfotografie oft komplexe Lichtstimmungen abbilden muss, denen selbst die modernsten Kameras nicht gewachsen sind. Profis sprechen vom Dynamikumfang eines Bildes. Oft ist z.B. der Helligkeitsunterschied zwischen innen und außen in einem Architekturfoto zu groß, als dass Kameras dies gut erfassen können.

Ein guter Architekturfotograf arbeitet in solchen Situationen daher mit mehreren Belichtungen, um die hellsten und dunkelsten Motivbereiche in einzelnen Bildern einzufangen. Es versteht sich von selbst, dass diese einzelnen Fotos erst im Nachgang per Bildbearbeitung kombiniert werden können. Da professionelle Architekturfotografen dies „von Hand“ machen, entsteht auch hier viel Spielraum, um unterschiedliche Looks zu erzeugen.

Um den Bogen zum Anfang zu schlagen:
Selbst, wenn keine „Bearbeitung“ oder „Manipulation“ eines Bildes beabsichtigt ist, so gibt es doch bereits bei der puren Erstellung eines „korrekten“ Bildes, welches alle Farb- und Helligkeitsinformationen besitzt, so viele Stellschrauben, dass unterschiedliche Fotografen zu einem unterschiedlichen Bildlook gelangen.

Selbst wenn die Bilder inhaltlich nicht verändert werden, so ist doch der Bildlook das stärkste Werkzeug eines guten Architekturfotografen, um seinem Bild, bzw. seiner Bilderserie die richtige Stimmung zu verleihen. Entscheidet sich ein Architekturfotograf für eine eher ruhige Komposition, so lässt sich das mit einem kühleren und weniger dramatischen Bildlook unterstützen. Im Gegensatz dazu können starke Kontrast eine wuchtigere Komposition noch verstärken und vice versa.

Verständnis für die Vision der Kunden

Während wir die technischen und ästhetischen Aspekte beschrieben haben, ist es wichtig, sich an eine weitere entscheidende Komponente zu erinnern – die Vision des Kunden. Als Architekturfotograf ist es wichtig, die Bedürfnisse des Kunden, die Botschaft, die sie vermitteln wollen, und ihre Zielgruppe zu verstehen.

Getreu meinem Motto „Mehr als nur schöne Bilder“, erstellt ein guter Architekturfotograf nicht nur ansprechendes Bildmaterial, sondern hat vor allem die Wünsche und Ziele seiner Auftraggeber im Kopf und denkt dementsprechend auch an die fokussierte Zielgruppe und mit welcher Bildsprache sich diese ansprechen lässt.

Abgesehen von den Wünschen und Bedürfnissen der schlussendlichen Zielgruppe, übersetzt ein guter Architekturfotograf auch das Selbstverständnis seines Kunden in eine entsprechende Bildsprache, bzw. Look. Etablierte Namen in der Welt der Architektur haben selbst eine gewisse Bildsprache in ihrer Außendarstellung. Gute Architekturfotografie kann diese Bildsprache adaptieren und sich dem jeweiligen Auftraggeber anpassen.

Gute Architekturfotografie ist schnell

Niemand spricht so wirklich darüber, aber in meinen Augen ist ein schneller und effizienter Architekturfotograf auch ein guter Architekturfotograf.

In der digitalen Welt sind Schnelligkeit und Verfügbarkeit immens wertvoll. Denkt man nur einmal an den Erfolg von Netflix, Amazon Prime und Gorillas. Der große Benefit gegenüber Videothek, Einkaufscenter oder Supermarkt ist: Schnellstmögliche Verfügbarkeit. Und das vom Sofa aus.

So kommt es, dass auch in der digitalen Architekturfotografie Schnelligkeit immer mehr gefragt ist. Viele Aufträge erhalte ich z.B. da ich bis zu einer gewissen Deadline Bilder erstellen und abliefern kann, wo andere Schwierigkeiten haben. Die Zeitersparnis ist für viele Auftraggeber bares Geld wert.

Verständlich, je schneller ein Objekt verkauft, beworben oder dargestellt werden kann, umso eher kann der Auftraggeber seine Investion wieder rein holen. Man darf dabei nicht vergessen, dass man als Architekturfotograf Teil einer Marketingkette ist. Und diese sollte natürlich effizient sein.

Gerade in unserer Aufmerksamkeitsökonomie sind wir es gewohnt, Dinge umgehend verfügbar zu haben. Was nicht sofort auf Instagram geteilt wird, hat für die Follower fast gar nicht statt gefunden. Was jetzt ein wenig übertrieben klingt, hat doch aber einen wahren Kern und die schnelle Verfügbarkeit von Bildern wird in der Architekturfotografie weiterhin mehr gewichtet werden.

Technik und Ausrüstung eines guten Architekturfotografen

Obwohl Architekturfotografie sehr technisch ist, so kann eine Ausrüstung für Architekturfotografie doch sehr kompakt sein. Vor allem im Kontrast zu den Materialschlachten, die gerne in der Werbefotografie veranstaltet werden.

Selbst der in den USA renommierte Architekturfotograf Mike Kelley, der noch vor ein paar Jahren mehrere große Pelicases voll an Ausrüstung nutzte, hat mittlerweile „auf eine Kamera mit ein paar Objektiven“ reduziert, wie er selbst sagt. Alles, um agiler und schneller arbeiten zu können und sich auf das zu konzentrieren, was wirklich wichtig ist: Gute Ideen und Perspektiven.

Im Grunde benötigt ein guter Architekturfotograf nur folgendes an Equipment:

– eine halbwegs moderne Vollformatkamera
– 17mm & 24mm Tilt-Shift Objektive
– ein 50mm oder 85mm Objektiv für Details
– ein Zoom wie 24-70mm oder 70-200mm für den „Fall der Fälle“
– ein sehr solides Stativ
– ein mobiler Blitz
– evtl. eine Kameradrohne für Luftaufnahmen

Damit, und mit den richtigen Bildbearbeitungstechniken, lassen sich in der Regel 99% aller Aufnahmen erstellen.

Aber:
Ein guter Architekturfotograf weiß, was er benötigt, wenn ein Bild mal nicht in die 99% fällt und er kreativ werden muss, um dennoch ein gutes Architekturfoto zu bekommen. Daher haben viele Architekturfotografen einen größeren Fundus an praktischen Helferlein, wie:

– Objektivfilter wie Graufilter, Verlaufsfilter, Polfilter
– Stoffe und Klemmen, um Bereiche abzuschatten
– Reflektoren, um direkte Sonneneinstrahlung zu verhindern
– Klemmen, um z.B. Vorhänge oder Bettlaken zu fixieren
– Filzgleiter, um Möbelstücke verschieben zu können
– Leuchtmittel in verschiedenen Temperaturen
– Tape
– Durchlicht- oder Reflexschirme für Blitzlicht
– Weißabgleich Karte
– Laptopstand
– Dauerlicht zum „Lichtmalen“

Da in der Architekturfotografie das Objekt und seine Umgebung meist die Lichtstimmungen vorgeben, müssen Architekturfotografen seltenst große Lichtaufbauten realisieren, was die Equipmentliste schlank hält. Gute Fotografen kommen daher mit wenig Equipment aus, wissen dafür aber ganz genau, wann welches Objektiv oder welcher Filter genutzt werden muss.

Die Bedeutung professioneller Fotografie

Mit dem Aufkommen von fortgeschrittenen Smartphones und Kameras für Verbraucher kann jeder ein Foto machen, aber effektive Architekturfotografie erfordert eine spezielle Reihe von Fähigkeiten und Kenntnissen. Ein professioneller Architekturfotograf ist nicht nur ein guter Handwerker, sondern vor allem ein guter Problemlöser für seine Kunden.

Gute Architekturfotografen sind in der Lage, Herausforderungen wie wechselnde Lichtverhältnisse, komplexe Kompositionen und großflächige Motive zu meistern. Sie verstehen, wie man mit verschiedenen Arten von Architektur – sei es Wohn-, Gewerbe- oder historische Architektur – arbeitet und auch, wie sie mit auftretenden Problemen wie ungünstigen Konditionen oder nicht fertigen Bauabschnitten umgehen können.

Ein richtig guter Architekturfotograf ist daher ein Fotograf, der für seine Kunden nicht nur eine Vision umsetzt, sondern auch für jede Situation eine Lösung parat hat und seine Auftraggeber dahingehend beraten kann.

Abschließende Gedanken

Im Wesentlichen ist gute Architekturfotografie eine Kombination aus technischem Verständnis, einem ästhetischen Auge und tiefem Verständnis für die Wirkungsweise von Gebäuden.

Auf der professionellen Ebene verbindet ein guter Architekturfotograf das technische Handwerk mit einem exzellenten Verständnis für seine Kunden und deren Produkte, sodass er die Vision derer zielgerichtet umsetzen kann.

Alex
von Architekturfotografie Bach

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